Mit freundlicher Genehmigung des Schwabacher Tagblatts vom 07.09.2019

Schule auf Wanderschaft

Die „Lui“ wechselt für ein Jahr in das alte Berufsschulgebäude. Dort kann die SANIERUNG deswegen erst mit Verzögerung beginnen. Doch der Austausch der Böden in der Grundschule ist jetzt wichtiger. Dort war eine Verunreinigung mit polyaromatischen Kohlenwasserstoffen gemessen worden.   VON ROBERT GERNER

SCHWABACH. Wenn das mal kein Trend wird! In Schwabach zieht zu Beginn eines jeden Schuljahres immer eine ganze Schule um. Im September 2018 war die Berufsschule dran, die seitdem im wunderbar und aufwändig sanierten Teil des Alten DG logiert. Heuer erwischt es die Luitpoldschule, die in die seit einem Jahr leerstehende Berufsschule ausweicht. Und nächstes Jahr muss nochmal die „Lui“ ran, die dann wieder in ihren angestammten denkmalgeschützten Bau zurückkehren wird. Das alles passiert nicht, weil diese ganze Hin- und Herzieherei besonders lustig wäre. Der Umzug der Luitpoldschule ist vielmehr aus der Not heraus geboren.

Früher beliebt und geschätzt

Angefangen hatte alles zu Beginn des Jahres mit einem „Gschmäckle“. Der unangenehme Geruch, der durch manche Klassenzimmer zog, ließ Schulleiterin Silke Blomeyer die Nase rümpfen. Eine Untersuchung brachte dann ans Licht: Es handelt sich um polyaromatische Kohlenwasserstoffe, „Ausdampfungen“ aus dem Bodenaufbau (wir berichteten). In früheren Jahrzehnten war diese teerartige, klebrige Masse, ein Abfallprodukt aus der Vergasung von Steinkohle, eine regelrechte Allzweckwaffe: elastisch, feuchtigkeitshemmend und leicht zu verarbeiten. Heute käme niemand mehr auf die Idee, solche Baustoffe in geschlossenen Räumen unterzubringen.

Nun ist nicht alles, was ein wenig stinkt, gleich gesundheitsgefährdend. Und die Werte in der Luitpoldschule lagen auch weit unter denen, in denen man sofort ein ganzes Gebäude räumen müsste. Eine gründliche Reinigung und ein gutes Lüftungsmanagement ließen die Werte sinken und den Geruch weitgehend in den Hintergrund treten.

Doch sowohl für die Schule wie für den Sachaufwandsträger, die Stadt, war klar: Das Zeug muss raus aus den Fußböden.

Dass die „Lui“ gleich in die Nachbarschaft, in die seit einem Jahr leerstehende alte Berufsschule, wechseln konnte, ist einem eher unerfreulichen Umstand geschuldet. Eigentlich hätte es dort noch heuer losgehen sollen mit der Generalsanierung. Für grob geschätzte acht Millionen Euro hätte der Bau aus den späten 1950-er Jahren so um- und ausgebaut werden sollen, dass die beiden oberen Stockwerke das Adam-Kraft-Gymnasium und die beiden unteren Stockwerke die Luitpoldschule (unter anderem für die Ganztagesbetreuung und eine neue Mensa) hätten nutzen können.

Zeit für zweiten Anlauf

Doch schon die erste Ausschreibung brachte so horrend erscheinende Preise, dass die Stadt den Bieterwettbewerb aufhob. Mit einem zweiten Anlauf kann man sich jetzt ein wenig Zeit lassen, weil die Luitpoldschule für ein Schuljahr das leerstehendeGebäude nutzt. Logistisch war und ist das eine Herausforderung. In der letzten Woche vor den Ferien wurden die Kisten gepackt. Als die Kinder mit ihren Jahreszeugnissen entschwunden waren, stand schon die Umzugsfirma Gewehr bei Fuß. 17 Klassenzimmer, ein Lehrerzimmer, ein Sekretariat, ein Rektorat und etliche weitere Zimmer gingen gewissermaßen auf Wanderschaft. 1000 Umzugskisten wurden von hüben nach drüben geschafft, darüber hinaus Hunderte Tische und Stühle. Das Equipment für rund 360 Schülerinnen und Schüler und ein etwa 40-köpfiges Kollegium.

Auch in der früheren Berufsschule gab es viel zu tun. Die Beleuchtung musste in dem zuletzt ja leerstehenden Gebäude wieder auf Vordermann gebracht, manche Stromkabel neu verlegt und die größten Löcher gestopft werden. Sicherheitshalber ließ die Stadt Böden und Raumluft prüfen. Ohne Befund. „Wir wechseln also nicht von Pest zu Cholera“, sagt Schulleiterin Blomeyer.

Schule und Stadt gingen dabei pragmatisch vor. „Da gab es keine Probleme. Wenn irgendwo etwas aufgetaucht ist, wurde schnell gehandelt“, lobt Blomeyer. Was die Stadt nicht schaffen konnte: aus einer Schule für jungeErwachsene (Berufsschule) binnen kurzem eine Schule für kleine Kinder (Grundschule) zu machen. „Erstklässler finden sich in einem vierstöckigen Gebäude halt nicht so leicht zurecht“, erklärt die Schulleiterin. Lampions und Schilder in den Farben blau, rot, gelb und grün sollen die Orientierung erleichtern.

Die Grundschüler werden am Dienstag also ein für sie neues Schulhaus beziehen, alles wird zumindest für die Zweit- bis Viertklässler aber nicht neu sein. Der Pausenhof ist immer noch derselbe. Und die knuffige Turnhalle, die ihre beste Zeiten freilich auch schon lange hinter sich hat, kann ebenfalls weiter genutzt werden.

Stadtkämmerer Sascha Spahic, der in Personalunion auch oberster Gebäudemanager der Stadt ist, istganz froh, wie sich die Dinge jetzt gefügt haben. Die ursprünglichen Pläne der Stadt seien zwar über den Haufen geworfen worden. Aber dafür könne man die Böden der Luitpoldschule jetzt „in einem Rutsch“ sanieren. Ganz umsonst ist das freilich nicht. Spahic rechnet mit etwa 1,3 Millionen Euro.

Das Netz ertüchtigen

Hinzu kommen 200000 Euro, die in eine „Verbesserung der Digitalisierung“ gesteckt werden. Anders ausgedrückt: Das Stromnetz, das schon mal in die Knie geht, wenn im Gebäude zehn Beamer und zehn Whiteboards laufen, wird ertüchtigt.

Ist die „Lui“ saniert, können Lehrer und Schüler wieder zurück. Dann geht es los mit der Generalsanierung der alten Berufsschule. Vielleicht auch mit Preisen, die nicht ganz so horrend sind, wie sie zuletzt aufgerufen worden sind. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Zwei von rund 1000 Umzugskartons. Die Luitpoldschule ist in den großen Ferien vom angestammten Gebäude in die benachbarte frühere Berufsschule umgezogen. Schulleiterin Silke Blomeyer und Stadtkämmerer Sascha Spahic sind froh, dass die (meisten) Hürden aus dem Weg geräumt werden konnten. In spätestens einem Jahr kann die Grundschule dann wieder zurück. So lange wird die Sanierung der Böden wohl dauern. Foto:Robert Gerner